Pressenachricht Nr. 033/2010 vom 1. September 2010

Handwerk in der Region Stuttgart bildet wieder mehr aus

Sorge wegen fehlender Ausbildungsreife der Bewerber

Zum Auftakt des neuen Lehrjahres am 1. September beginnen in der Region Stuttgart 3156 Jugendliche eine Ausbildung im Handwerk. Der Wert liegt mit 3,9 Prozent über den Vorjahreszahlen. Zahlreiche freie Lehrstellen in einem der 100 Ausbildungsberufe konnten bis heute noch gar nicht besetzt werden. Alleine in der Online-Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Region Stuttgart sind noch über 400 freie Ausbildungsplätze gemeldet.

Mit der positiven Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt scheint der Aufschwung im Handwerk vollends angekommen zu sein. "Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ist jetzt offensichtlich vorhanden. Mit Sorge beobachten wir aber, dass angesichts der Qualität der Bewerbungen Stellen nicht besetzt werden können", betont Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. Die Lage sei prekär. Ein sich abzeichnender Fachkräftemangel gefährde die Zukunft des Handwerks. Dem müsse dringend begegnet werden - auf dem Gebiet der Ausbildungsreife ebenso wie mit der aktuellen Kommunikationskampagne, die die Attraktivität handwerklicher Karrieren deutlich mache. So sieht Munkwitz in einer handwerklichen Ausbildung eine große Chance für den Abitur-Doppeljahrgang in 2012.

"Die Betriebe wissen, dass sie angesichts der konjunkturellen Erholung und des Drucks der Demografie ausbilden müssen und so in ihre eigenen Fachkräfte investieren sollten", so der Kammerchef. Angesichts schlechter Noten und teilweise nicht vorhandener sozialer Kompetenz sehen viele Ausbilder aber allzu oft keine Chance, das Ausbildungsziel mit vertretbarem Aufwand zu erreichen. Als vorbildlich seien die zunehmenden Aktivitäten vieler Schulen zu bewerten, die Jugendliche bei der Berufswahlvorbereitung oder beim Erlernen sozialer Kompetenzen fördern. Auch der Ausbau von Bildungspartnerschaften zwischen Betrieben und Schulen trage dazu bei, Jugendliche optimal auf das Berufsleben vorzubereiten. "Hier erhoffen wir uns in erster Linie von den Akteuren vor Ort - also von den Lehrern an Haupt- und Realschulen noch mehr Initiativen bei der Umsetzung von Bildungspartnerschaften mit Handwerksbetrieben."

Nach wie vor haben die meisten Berufseinsteiger im Handwerk einen Hauptschulabschluss. Attraktiv für zahlreiche Branchen sind aber gerade Realschüler, auch Abiturienten seien angesichts der komplexen Arbeitsabläufe und der starken Technisierung prädestiniert für viele Funktionen im Handwerksbetrieb. Eltern, Schüler, vor allem aber Lehrer seien, so der Chef der Handwerkskammer, häufig auf ein an die Schulzeit anschließendes Studium fokussiert. Nicht erkannt werden dabei die Möglichkeiten, die Abiturienten im Handwerk haben: verkürzte Lehrzeiten, Ausbildungsgänge wie Management im Handwerk oder ein praxisnahes Studium an den dualen Hochschulen. "Für die Karriereplanung von Abiturienten ist eine solide Ausbildung eine gute Basis - und bei einer Unternehmensgründung ist das Abitur überhaupt nicht störend", betonte Hauptgeschäftsführer Claus Munkwitz. "Derzeit werden leider noch haufenweise Chancen verspielt und Talente ignoriert."

Ziel ist, in den nächsten Jahren die Quote an Abiturienten bei den Berufsbeginnern im Handwerk in der Region deutlich über die Fünf-Prozent-Marke zu heben. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele Gymnasiasten weder die Berufe noch die Aufstiegschancen kennen. Im persönlichen Gespräch entwickeln sie dann aber schnell Interesse an der handwerklichen Arbeitswelt." Überdurchschnittlich viele Abiturienten werden derzeit im Zahntechniker- (30,3 %), Hörgeräteakustiker- (29,7 %), Fotografen- (21,7 %) oder im Schreinerhandwerk (9,5 %) ausgebildet. Um die Berufsorientierung zu optimieren, wird die Handwerkskammer Region Stuttgart verstärkt Schülern der mittleren Klassenstufen in verschiedenen Projekten die Bandbreite an Ausbildungsberufen nahe bringen. So werden regelmäßig Schüler in die Bildungsakademie eingeladen, um Berufsfelder kennenlernen zu können. Bei Ausbildungsmessen in den Landkreisen werde die Palette an Lehrberufen künftig noch intensiver präsentiert.

 


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