Pressenachricht Nr. 063/2011 vom 28. November 201

Handwerk fordert Gleichwertigkeit von Berufsausbildung und Abitur

Deutscher Qualifikationsrahmen muss frei von Allgemeinbildungsdünkel sein

Gegen das von der Kultusministerkonferenz vorgeschlagene "mickrige Rating" der beruflichen Bildung im nationalen Bildungssystem wehrt sich das Handwerk. Bei der Vollversammlung der Handwerkskammer Region Stuttgart forderte Präsident Rainer Reichhold die Gleichwertigkeit einer abgeschlossenen Berufsausbildung mit dem Abitur.

"Es wäre doch ein Unding, wenn man im Ausland, vor allem in Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit neidvoll auf unser System der beruflichen Bildung blickt und wir diesen internationalen Standorttrumpf im eigenen Lande durch diese Einstufung preisgeben", sagte der Kammerpräsident am Montagnachmittag in Stuttgart. Die duale Ausbildung sei die zentrale Basis für die Sicherung des Fachkräftebedarfs der Wirtschaft. Sie so zu untergraben wäre inakzeptabel. "Wenn der Großteil der Ausbildungsberufe unterhalb der allgemeinen Hochschulreife eingeordnet wird, droht der dualen Berufsausbildung in Deutschland ein massiver Attraktivitätsverlust. Welcher Schüler, der die Möglichkeit hat, die Schule bis zum Abitur weiter zu besuchen, wird denn dann den meist mühsameren Weg einer Lehre beschreiten, wenn er dort nach seinen Prüfungen in der Wertigkeit niedriger eingestuft wird als mit dem Abitur?", kritisiert der Kammerpräsident. Hinzu komme die Sorge, ob das Werben um Abiturienten für eine berufliche Ausbildung noch Erfolg haben könne, wenn das Abiturzeugnis bereits eine vermeintlich höhere Qualifikation bescheinigt als der Abschluss der Berufsbildung.

Die Kritik des Handwerks bezieht sich auf den kürzlich von der Kultusministerkonferenz getroffenen Beschluss, das Abitur solle innerhalb des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) höher eingestuft werden als eine abgeschlossene Berufsausbildung. "Dies ist fatal", betonte Kammerpräsident Rainer Reichhold, auch mit Blick auf die Diskussion um fehlende Fachkräfte. In der aktuellen Situation sei deshalb Selbstbewusstsein und Engagement für die berufliche Bildung angesagt und kein dünkelhaftes Hervorheben der Allgemeinbildung, des Abiturs und eines akademischen Studiums. "Die umfassende Handlungskompetenz und die Möglichkeit der aktiven Teilhabe am Erwerbsleben - diese Kompetenzen bringt doch ein Handwerker mit Gesellenbrief viel eher mit als ein Abiturient."

Mit ihrer Entscheidung habe sich die Kultusministerkonferenz bildungspolitisch isoliert. Sämtliche anderen Akteure, die an der Erarbeitung des DQR beteiligt sind, das zuständige Bundesministerium unter Leitung von Ministerin Annette Schavan sowie die Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften (die Sozialpartner), die Wirtschaftsministerkonferenz und die Wirtschaftsorganisationen plädieren schon seit langem für eine gleichwertige Einstufung der dualen Berufsausbildung mit dem Abitur.


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