Wirtschaftskammern: Rahmen für die Integration Geflüchteter verbessern

Unterstützungsmaßnahmen von IHK und Handwerkskammer greifen

Gemeinsame Pressemitteilung von IHK und Handwerkskammer Region Stuttgart

Pressenachricht Nr. 049/2016 vom 17. Oktober 2016

Bessere Rahmenbedingungen für die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt fordern die Wirtschaftskammern in der Region Stuttgart. Vor allem müssten Sprach- und Integrationskurse verstärkt und die verschiedenen Angebote besser aufeinander abgestimmt werden. Georg Fichtner, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, und Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart, wiesen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz darauf hin, dass Sprachkompetenz Grundlage jeder schulischen oder beruflichen Laufbahn sei.

Eine der Hauptaufgaben der Kammern liege derzeit darin, die Geflüchteten über das deutsche Bildungssystem und die Ausbildungsangebote zu informieren. Nur so würden unrealistische Berufswünsche und Erwartungen an den Arbeitsalltag vermieden. Viele Flüchtlinge wollen lieber gleich arbeiten, als eine Ausbildung beginnen, so die Vertreter der Kammern. Das liege auch daran, dass vielen die duale Berufsausbildung schlicht nicht bekannt sei. Nach Einschätzung der Präsidenten von Handwerk und IHK sei die berufliche Qualifizierung die bessere Option für die Zukunft, weil in unserem Land die Arbeitsplatzsicherheit wesentlich von der Qualifikation abhängt. Der Grundstock dafür sei die Sprachkompetenz. Um diese nachhaltige Qualifikation der Zugewanderten zu sichern, sprechen sich Fichtner und Reichhold gegen die einjährige Ausbildung für Flüchtlinge aus: Mit der Einstiegsqualifizierung bestehe bereits ein bewährtes Instrument zur Integration in die Betriebe. Oft bilde sie den Einstieg in eine vollwertige duale Berufsausbildung.

Einen weiteren Hemmschuh für die Integration in den Arbeitsmarkt sehen die Vertreter der Wirtschaft in den noch schleppend verlaufenden Asylverfahren. Hier müsse der Aufenthaltsstatus schneller geklärt und Rechtssicherheit geschaffen werden. Ohne Planungssicherheit werde kaum ein Unternehmer in einen zukünftigen Mitarbeiter investieren, so die Kammerpräsidenten. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass Betriebe, die Geflüchteten eine bis zu einjährige Einstiegsqualifizierung anbieten, keine Abschiebung in dieser Zeit und einer bestimmten Phase danach befürchten müssen. Bei Ausbildungsverhältnissen gibt es die Rechtssicherheit, dass ein Azubi während der Ausbildung und zwei Jahre danach nicht abgeschobenen werden darf (3+2-Regelung). Solche Regelungen bieten Betrieben und Flüchtlinge eine langfristige Perspektive.

Mit dem Aufbau umfassender Informations-, Beratungs- und Vermittlungskompetenz unterstützen die Kammern die Arbeitsmarktintegration. Als ein wichtiges Instrument zur Berufsorientierung und Kompetenzanalyse wertet Handwerkspräsident Reichhold die eigens entwickelte Potenzialanalyse für das Handwerk. Werden bei praktischen Tests entsprechende Talente festgestellt, könne eine passgenaue Vermittlung in Handwerksbetriebe folgen. Die Maßnahmen seien in der Bildungsakademie der Handwerkskammer in Stuttgart Weilimdorf erfolgreich angelaufen. "So wollen wir potenzielle Fachkräfte für unsere Betriebe ermitteln und die Menschen in eine Einstiegsqualifizierung, ein Praktikum oder eine Ausbildung bringen." Wie wichtig der eingestellte Willkommenslotse ist, zeige die Tagesarbeit. Reichhold: "Mit der wichtigen Stelle schließen wir Betriebe für die Zielgruppe Flüchtlinge auf und klären die vielen rechtlichen und praktischen Fragen zur Integration." Ein weiterer Kümmerer vermittle und begleite 18 junge Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea, Irak und Iran in eine handwerkliche Ausbildung.

Seit Februar dieses Jahres wurden von der IHK Region Stuttgart 40 Geflüchtete in eine Einstiegsqualifizierung vermittelt, 12 in Ausbildung, 11 in Beschäftigung und viele mehr in Praktika. Sie werden bei der IHK beraten von der KAUSA Servicestelle (Koordinierungsstelle Ausbildung und Migration) und den "Kümmerern" des Projekts "Integration durch Ausbildung - Perspektiven für Flüchtlinge", gefördert aus Bundes- bzw. Landesmitteln. Zur Kontaktanbahnung zwischen Zuwanderern und Unternehmen findet im November zudem erneut eine spezielle Jobmesse statt. Um die Berufsorientierung der Flüchtlinge und die Vermittlung an Betriebe zu unterstützen, nimmt die IHK eine Vorreiterrolle bei Kompetenzfeststellungstests ein: "Bereits 40 Personen haben einen Test absolviert. Die Flüchtlinge und Unternehmen, die sie beschäftigen wollen, bekommen so einen Nachweis über vorhandene Fähigkeiten", erläutert IHK-Präsident Fichtner. Für ältere Geflüchtete bietet die Kammer sowohl Beratung bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse als auch demnächst die neue IHK-Zertifizierung von Teilqualifikationen. Damit wird die Wertigkeit einzelner "Bausteine" eines Berufes erhöht und die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt gefördert. "Wer alle Bausteine eines Berufes erworben hat, kann auch zur IHK-Prüfung in dem entsprechenden Beruf zugelassen werden", so Fichtner.



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